Siegfried Keil
Dem Sozialethiker Siegfried Keil zum 80. Geburtstag Wissenschaft als Selbstzweck ist nicht seine Sache: Für den Marburger Sozialethiker Siegfried Keil, der am 24. April seinen 80. Geburtstag feierte, ist Wissenschaft immer auch mit gesellschaftlicher Verantwortung verbunden. Der Theologe und Soziologe engagiert sich seit Jahrzehnten kirchen- und gesellschaftspolitisch und hat so die bundesdeutsche Familienpolitik nachhaltig mitgeprägt.


1934 in Kiel geboren, studierte er von 1954 bis 1961 Theologie und Soziologie in Kiel und wurde in beiden Fächern promoviert. Er kehrte der Wissenschaft für kurze Zeit den Rücken und wurde Gemeindepfarrer, bevor es ihn 1965 zum ersten Mal nach Marburg zog, wo er sich habilitierte. Nach einer Station als Direktor der Evangelischen Hauptstelle für Familien und Lebensberatung im Rheinland wurde er 1973 Professor für Sozialpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ruhr. Schließlich folgte er 1985 dem Ruf an die Philipps-Universität, wo er bis zu seiner Emeritierung 2002 als Professor für Sozialethik wirkte.


Siegfried Keils gesellschaftliches und kirchliches Engagement sind beispielhaft. Er setzte sich in der Interessenpolitik für Familien ebenso ein, wie in der Politikberatung und war dabei durchaus kein Leisetreter, wie sein 1966 veröffentlichtes Buch „Sexualität – Erkenntnisse und Maßstäbe“ bezeugt. Im Zentrum seiner Überlegungen stand immer der Mensch mit all seinen Bedürfnissen. Vor diesem Hintergrund hat Siegfried Keil früh Themen wie Gleichstellung in Partnerschaft und Ehe, Schwangerschaftskonfliktberatung und sexualethische Fragen aufgegriffen.


Es überrascht nicht, dass der ausgewiesene Experte für Familienfragen ein gefragter Ratgeber in zahlreichen Expertenkommissionen in Politik und Kirche war. 1971 wurde er in den Wissenschaftlichen Beirat des Bundesfamilienministeriums berufen, dessen Vorsitz er von 1989 bis 1993 innehatte. Von 1973 bis 2003 war er Präsident der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft Familie (eaf), der er bis heute als Ehrenpräsident verbunden ist. Im Jahr 1999 wurde der vierfache Familienvater zum Vizepräsidenten des Weltfamilienverbandes ernannt.


Siegfried Keils wissenschaftliche Prägung, seine menschliche Integrität und seine vermittelnde Gesprächsführung trugen viel zum Gelingen oftmals schwieriger Verhandlungen bei. Für seine Verdienste um eine zeitgemäße und sozialverträgliche Familienpolitik wurde ihm 2004 das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland verliehen. An unsere gemeinsame Arbeit im Wissenschaftlichen Beirat, an die fruchtbaren Diskussionen und die erzielten Erfolge denke ich bis heute gerne zurück.


Rita Süßmuth

(Aus Marburger Unijournal Nr. 44, Sommer 2014, ISSN 1616-1807)